Auf bunte Nachbarschaft – Neues von der B-Side

06. März 2020  Susanne S.

 

Es könnte so schön werden. Fast hundert Menschen engagieren sich im Projekt B-Side seit vier Jahren dafür, den alten Hill-Speicher, ein Nachbargebäude von cibarias neuem Standort am Hafen, in ein nicht-kommerzielles Quartiers- und Kulturzentrum zu verwandeln. Ehrenamtlich! Sie sammeln Spenden und Direktkredite, holen vier Millionen Euro Landesmittel nach Münster und entwickeln ein ausgeklügeltes Finanzierungskonzept. Dann zum Jahreswechsel der Schock: Die Verwaltung stellt die Eigenregie der Initiative in Frage und will ein eigenes Modell für das Gebäude am Hafen umsetzen. Seitdem ist es still geworden um unsere Nachbarin B-Side. Sehr still. Was ist da los? Wir haben nachgefragt bei Tim Többe, Vorstandsmitglied und Projektentwickler der B-Side.

 

Tim, wie ist der Stand der Dinge? Ist das Projekt B-Side in Gefahr?

Tim Többe: Nein. Es ist jetzt nicht mehr die Frage, ob es stattfindet, sondern wie es stattfindet. Nachdem das Projekt Ende Dezember eine Kehrtwendung erfuhr und nicht mehr auf sicheren Beinen stand, arbeiten wir derzeit mit der Verwaltung intensiv an einer Rahmenvereinbarung, um die künftigen Konditionen festzulegen. Dabei wünschen wir uns vor allem Sicherheit. Schließlich haben wir an unserem Konzept lange gearbeitet. Es ist unsere DNA. Wir wollen die programmatische Hoheit darüber behalten und den langfristigen Zugriff auf das Gebäude sichern.

Warum eigentlich der Standort Hafen? Was verbindet euch damit?

In meinem Atelier in den OSMO-Hallen kann ich auf die Baustelle von cibaria sehen. Mit mir sind 40 bis 50 weitere Kreative dort. Wir alle sind darauf vorbreitet, dass irgendwann die Abrissbirne kommt. So ist es an sehr vielen Standorten am Hafen: direkt hinter der B-Side, in den Nebengebäuden – überall waren alte Hafengebäude, die Kreative und junge Selbstständige zwischengenutzt haben. Für viele war die rasante Entwicklung und Privatisierung des Hafens in den letzten zehn Jahren eine Art Verdrängungsprozess. So hat sich ein großes und buntes Kollektiv um das Gebäude der B-Side als letzte Bastion geschart. Wir sind politisch aktiv geworden, um die Privatisierung des Grundstücks zu verhindern. Daraufhin konnten wir gemeinsam mit dem Ruderverein, der seinen Standort am Kanal verliert, ein gemeinsames Nutzungskonzept für das Gebäude erarbeiten. Man kann das im Zusammenhang mit dem ganzen Hansaviertel sehen, wo die Mieten stetig steigen. Auch ich werde Ende des Jahres mit meiner WG raussaniert.

Augen zu, Vision an: Wie sieht das Leben auf cibarias Nachbargelände künftig konkret aus?

Die B-Side will eine Art Weltverbesserungsmaschine sein. Ein soziokulturelles Quartierzentrum, bei dem wir das ganze Viertel einbeziehen und einen Ort für eine aktive Bürgerschaft bieten. Zwei Drittel der Räumlichkeiten sind daher öffentlich oder teilöffentlich geplant, als Werkstätten und Gruppenräume für Initiativen mit wenig oder ohne Budget. Außerdem sind Co-Working-Spaces vor allem für Künstler, Kreative und Sozialunternehmen vorgesehen. Es wird ein großes Quartierswohnzimmer geben, wo man ohne Konsumzwang Zeit verbringen kann. Und neben der Hausküche mit Mittagstisch richten wir eine Allmende-Küche für Initiativen aus dem Bereich nachhaltige Ernährung und Foodsharing ein.

Die BioVollkornBäckerei cibaria als Nachbarin – was sagt die B-Side dazu?

Wir freuen uns sehr darüber. Wir wissen, dass cibaria bemüht ist, den Fokus nicht auf Profitmaximierung zu legen, sondern einen Beitrag zum Gemeinwohl leisten will und sogar Gemeinwohl-Ökonomie zertifiziert ist. Auch uns bewegt der Commons-Gedanke. Im Projekt Hansaforum haben wir zum Beispiel mit Bürgerinnen und Bürgern versucht, die Kriterien der Gemeinwohl-Ökonomie auf Quartiersebene umzusetzen. Dieser neue Quartiergemeinwohl-Index gilt nun als Förderrichtlinie. Es ist toll für uns, mit cibaria in direkter Nachbarschaft ein Unternehmen zu haben, das diese Maßstäbe setzt.

 

Interview: Susanne Sparmann

Foto: Dario Ronge

 

Jeden ersten Mittwoch im Monat um 18 Uhr findet am Mittelhafen 42 ein Willkommensplenum für alle B-Side Neueinsteigerinnen und Neueinsteiger statt. Wer Interesse hat mitzuwirken, ist herzlich eingeladen.

 

 

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Die BioVollkornBäckerei cibaria aus Münster ist im Sommer 2020 mit ihrer Backstube und Konditorei im Münsteraner Hafen vor Anker gegangen. Hier schreibt u.a. Sophia Siemes über das Zukunftsprojekt „Hafenbackstube“. Die Bilder liefert Ralf Emmerich.